Alle Jahre wieder …

Alle Jahre wieder …

Weihnachten – die Zeit der guten Taten, der offenen Herzen und milden Gaben. Die, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen teilen mit jenen, denen es nicht so gut geht. Häufig wird dazu etwas gespendet. Häufig werden dazu traurige oder glückliche Kindergesichter zum Sujet der Spendenaufrufe gemacht. Häufig werden mit den Spendengeldern Dinge finanziert, die sich Personen, Familien oder Einrichtungen aus eigener Kraft nicht leisten können, die aber für die Bewältigung des Alltags benötigt werden. Häufig fühlt sich der, der einen Spendenbeitrag leistet ein bisschen besser, weil sich zumindest ansatzweise ein Gefühl einstellt, einen kleinen Beitrag für eine bessere, menschlichere oder gerechtere Welt geleistet zu haben. Ich erlebe das immer wieder selbst so. Tatsächlich beurteile ich die Bereitschaft zu Teilen und zu Helfen als wichtige menschliche Tugenden, die es zu schätzen gilt. Immer öfter stelle ich mir aber auch die Frage, ob da nicht etwas in unserer Gesellschaft grundlegend schiefläuft, wenn z.B. eine Betreuungseinrichtung für behinderte Menschen auf Spendengelder angewiesen ist, damit zwei spezielle Fahrräder gekauft werden können, die den bewegungsbeeinträchtigten Bewohnern das Fahrradfahren ermöglichen. Oder wenn ein Verein, der sich um die Betreuung obdachloser Menschen kümmert, ohne Spendengelder keine Möglichkeit hätte, Maßnahmen zu treffen , um Menschen, die auf der Straße leben (müssen) vor Kälte und Krankheit zu schützen und ihnen zumindest wärmende Kleidung, Schlafsäcke und eine warme Mahlzeit pro Tag anzubieten. Tatsächlich stellt sich an dieser Stelle für mich die Frage, wofür sich ein staatliches Fürsorgesystem zuständig fühlen muss und wo seine Zuständigkeit im ethisch-moralischen Sinne endet. Häufig stellt sich im Zusammenhang mit staatlichen finanziellen Ausgaben die Frage, ob etwas „notwendig“ oder „nicht notwendig“ ist. Eine klare Antwort auf diese Frage findet sich so gut wie nie. Sie liegt immer im Auge des Betrachters und dessen Interessen oder unmittelbarer Betroffenheit. Was ist schon notwendig? Der Brennerbasistunnel? Eine neue Gondelbahn auf den Berg oder ein Schwimmbad, das alle Schikanen spielt oder eine Sprungschanze? Niemandem würde einfallen, Projekte wie diese auf der Basis von Spenden zu realisieren, nach dem Motto: „Eine teure Gondelbahn auf den Berg ist zwar ganz nett, aber die Füße tun´s auch um hinauf zu kommen! Und wer schon meint, dass es eine braucht, der soll halt dafür eine Spende locker machen!“ Diese Überlegung soll uns nicht vom Spenden abhalten! Sie soll aber klar machen, dass spenden alleine zu wenig des Guten ist. Wir werden nicht drumherum kommen uns immer wieder die Frage zu stellen, was die Aufgabe des Staates sein soll und wo sie endet. Wir werden uns aktiv dafür einzusetzen müssen, dass die Erfüllung mancher Grundbedürfnisse nicht ausschließlich auf Spenden und Charityveranstaltungen angewiesen sein darf. Teilen hat mit teilhaben und mit teilnehmen zu tun. Ein Teil der Gesellschaft zu sein sollte für jeden Menschen das ganze Jahr über möglich sein. Alle Jahre wieder…

Birgit Ed(ublogg)er(in)

Autor: Birgit Eder

Elementarpädagogin, die ursprünglich Verhaltensforscherin werden wollte und durch Zufall beruflich im Kindergarten gelandet ist, wo sie sich seit über 25 Jahren genau richtig fühlt!

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